Nach drei sehr entspannten Tagen mit sehr vielen interessanten und tollen Gesprächen, wollen wir Montpellier wieder verlassen. Unser nächstes Ziel: Barcelona. Oder zumindest Spanien. Während wir auf Google Maps nach geeigneten Trampspots suchen, wird uns schnell klar, dass es schwierig wird Montpellier zu verlassen. Natürlich gibt es gute Spots, allerdings liegen die relativ weit außerhalb und sind nur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Da wir aber Geld sparen wollen, suchen wir uns den besten geeigneten Platz in laufbarer Nähe heraus.
Wir packen unsere Sachen, verabschieden uns von Jason und machen uns auf den Weg. Am Kreisel unserer Wahl angekommen, dauert es nicht lang, bis ein netter Franzose auf uns zukommt und uns sagt, dass die Straße runter ein weiterer Kreisel kommt, der besser geeignet wäre. Wir nehmen den Ratschlag an und laufen also nochmal ein gutes Stück weiter. Dort angekommen müssen wir leider feststellen, dass die Kreiselabfahrt zwar direkt zur Autobahnauffahrt in Richtung Spanien führt, es dort allerdings keinerlei Möglichkeit gibt für die Autos anzuhalten. Wir probieren es trotzdem. Allerdings an der Kreiseleinfahrt, anstatt der entsprechenden Ausfahrt. In der Zwischenzeit schauen wir erneut auf Google Maps, ob es noch bessere Alternativen gibt. Wir entscheiden, dass wir uns aufteilen. Während Kim weiter an der Kreiseleinfahrt stehen bleibt, gehe ich auf die andere Straßenseite und probiere Autos anzuhalten, die gegebenenfalls uns ein Stück über die Landstraße mitnehmen können. Doch wir bleiben erfolglos. Also beschließen wir die Rucksäcke wieder aufzusetzen und ein Stück weiter zu laufen. Nach weiteren 3,5 km und etlichen Kreisel, sind wir am Kreisel unserer Wahl angekommen. Doch auch hier gibt es keinen wirklich guten Ort, wo die Autos wirklich anhalten können. Wir entscheiden uns an der Einfahrt des Kreisels stehen zu bleiben, wo die Autos aus der Stadt heraus kommen. Es ist mittlerweile schon Nachmittag und wir haben Sorge, dass wir Montpellier heute gar nicht mehr verlassen. Doch schon nach kurzer Zeit, hält ein Auto an und bietet uns an uns an einen geeigneteren Ort, einen Rasthof auf der Autobahn, mitzunehmen. Wir nehmen natürlich sofort an. Schon nach 5 min. fragt uns der Fahrer, wo wir denn eigentlich hinwollen und wo wir heute Nacht schlafen. Wir antworten wahrheitsgemäß mit: keine Ahnung.
Sofort bietet uns der Fahrer, Noureddine, an, dass er uns mit zu sich nach Hause nehmen könnte, wo wir die Nacht verbringen könnten. Da es bereits später Nachmittag ist und wir auch etwas durchgefroren sind, nehmen wir das Angebot an. Zumal uns versichert wird, dass etwa 1 km von seinem zu Hause entfernt ein Rasthof an der Autobahn ist, die uns Richtung Süden bringt. Noch sind wir völlig ungewiss, ob das eine gute Idee war. Da wir ca. 30 min. durch kleinste Dörfer fahren und keine Ahnung haben, wo die Autobahn sich tatsächlich befindet.
Doch all unsere „Sorgen“ lösen sich in Luft auf, als wir auf dem Gelände von Noureddine ankommen. Es ist ein riesiges Grundstück, eine Mischung aus Farm, Co-Working-Space und Airbnb-Unterkünften. Wir sind sprachlos vor Begeisterung. Noureddine hat uns bereits im Auto erzählt, dass er zwei Söhne hat, die in unserem Alter sind (24 & 29). Diese erwarten ihn schon sehnsüchtig bei unserer Ankunft, da sie noch irgendwas gemeinsam zu erledigen haben. So können wir uns das Grundstück erstmal in Ruhe angucken. Zur einen Seite befindet sich ein riesiges, wunderschönes altes Landhaus aus Stein. Auf der anderen Seite ist ein Pool mit Außenküche, Dusche & Toiletten und dahinter eine große Wiese mit frei herumlaufenden Hasen.
Daneben ist eine Koppel mit zwei Pferden und drei Esel. Wir merken sofort, dass wir hier im Paradies angekommen sind. Wir dürfen unser Zelt auf der großen Wiese aufschlagen. Gerade als das Zelt steht, fragt Noureddine ob wir ihm und seinem Sohn Yassin kurz helfen können. Nach getaner Arbeit werden uns zwei Fahrräder angeboten, um in das nächst liegende Dorf Meze zu fahren. Obwohl wir etwas müde sind, wollen wir uns die Chance nicht entgehen lassen und radeln los. Es ist wunderschön. Nach nur 15 min. kommen wir am Hafen von Meze an und genießen das Urlaubsfeeling sowie die letzten Sonnenstrahlen am Wasser, bevor wir den Rückweg antreten.
Zurück am Haus werden wir auf eine Tasse Tee eingeladen, die wir dankend annehmen. Während wir am Tisch sitzen und uns mit Yassin und Noureddin unterhalten, wird plötzlich angemerkt, dass sie uns ein Zimmer fertig gemacht haben, in dem wir übernachten dürfen. Wir sagen, dass das nicht nötig sei und wir im Zelt absolut zufrieden wären. Doch sie möchten nicht, dass wir bei der Kälte draußen schlafen müssen und außerdem wäre das Zimmer schon fertig. Also nehmen wir an. Wir holen unsere Sachen von draußen und dürfen in der Wohnung von Yassin und seiner Freundin Margot übernachten. Noureddine verabschiedet sich, da er immer Dienstags sein Philosophen-Treffen hat und auch Yassin muss los, da er ein Volleyball Spiel hat. Wir bleiben also allein mit Margot zurück. Die hat in der Zwischenzeit eine leckere Quiche gemacht und lädt uns ein mit ihr zusammen zu essen und gemeinsam einen Film über den Beamer zu schauen. Absolut glücklich über so viel Gastfreundschaft, nehmen wir natürlich an. Wir gucken einen französischen Film, allerdings mit deutscher Audio-Spur und französischen Untertiteln.
Unfassbar glücklich gehen wir zu Bett. Am nächsten Morgen fragen wir direkt, ob wir auch eine zweite Nacht bleiben durften, was sofort bejaht wird. Wieder dürfen wir uns die Räder ausleihen und machen eine kleine Tour durch Meze und die umliegenden Dörfer. Uns wurde bereits am Vorabend berichtet, dass wir hier in dem Hotspot der Austernfarmen sind. Das wollen wir uns natürlich von Nahem angucken und Kim möchte natürlich auch welche probieren. Für gerade mal 5,-€ das Kilo bekommt man hier absolut frische Austern. Wir entscheiden uns, dass wir wenigstens ein bisschen was an unsere Gastgeber zurück geben wollen und beschließen im Supermarkt einzukaufen, um für alle zu Abend zu kochen. Bei unserer Rückkehr gibt uns Margot Bescheid, dass Noureddine heute Abend für alle kochen möchte. Wir lachen und sagen, dass wir den gleichen Gedanken hatten. Nach kurzer Absprache einigen wir uns, dass jeder ein Gericht zubereitet. Das Abendessen war absolut überwältigend. Wir wurden kurzerhand einfach wie Familienmitglieder behandelt und sitzen also alle zusammen am Tisch. Zuerst gibt es einen leckeren Salat. Als zweite Speise eine delikate Suppe. Danach folgt der von uns zubereitete Bohneneintopf. Zu alldem gibt es natürlich leckeren französischen Wein. Und man wäre ja nicht in Frankreich, wenn es danach nicht noch Baguette und Käse als Nachspeise gäbe, sowie Joghurt.
Kugelrund rollen Yassin, Margot, Kim und ich wieder zurück in die Wohnung. Wieder gucken wir gemeinsam einen Film bevor wir zu Bett gehen. Der nächste Morgen bricht an. Beim Frühstück schlagen unsere Gastgeber vor, dass wir doch auf jeden Fall noch über das Wochenende bleiben könnten. Denn Freunde von ihnen sind gerade dabei eine ökologische Pistazienfarm aufzubauen und wollen am Wochenende die Bäume pflanzen. Da kann jede helfende Hand gebraucht werden. Natürlich willigen wir sofort ein. Den heutigen Tag nutzen wir aber erstmal um an unserem Blog zu arbeiten. Außerdem klingeln wir mal wieder bei unserer Familie zu Hause durch, die sich auch immer freuen.
Noch Donnerstagabend beschließt Kim, dass er am nächsten Morgen früh aufstehen möchte, um mit der Drohne den Sonnenaufgang am Hafen zu filmen. Jeder der mich kennt, weiß, dass ich meinen Schlaf sehr schätze. Daher ist Kim am Freitagmorgen gegen 7:00 Uhr mit dem Fahrrad und der Drohen bewaffnet zum Hafen gefahren, während ich mich genüsslich wieder umgedreht und weitergeschlafen habe. Als ich aufgestanden bin, saß er bereits mit einem Kaffee wieder auf der Couch. Traurig musste er gestehen, dass es zu windig war, um mit der Drohne zu fliegen. Aber immerhin hat er einen wunderschönen Sonnenaufgang gesehen.
Den Vormittag/Mittag nutzen wir erneut, um an unserem Blog zu arbeiten. Gegen Nachmittag fahren wir mit Yassin nach Meze und gehen einkaufen. Danach treffen wir uns noch mit Margot in einem kleinen Restaurant am Hafen und trinken in der strahlenden Sonne im Außenbereich einen Kaffee zusammen. Abends steht das tägliche Ritual aus Film und gemeinsamen Essen an. Zuvor nehmen wir noch an einer kleinen Besprechung teil, um die nächsten zwei Tage auf der Pistazienfarm zu planen.
Am nächsten Morgen klingelt der Wecker halbwegs früh. Um 09:00 Uhr sollen wir auf der Farm sein. Man wäre natürlich nicht in Südfrankreich, wenn man nicht erst um 09:15 Uhr dort ankommt.
Vor Ort begrüßt uns Axelle, die Eigentümerin und erklärt allen Helfern, wie das Projekt genau aussieht, warum sie das Ganze macht und natürlich wie der Tag ablaufen soll. Das Ganze auf Französisch, aber Yassin übersetzt fleißig für uns. Die Gruppe wird in mehrere Teilgruppen eingeteilt, die unterschiedliche Aufgaben bekommt. An der Zahl gibt es 4 verschiedene Aufgaben: 1. Markierungen setzen für den Bohrer, 2. Pflanzen aufladen, aufs Feld bringen und wieder abladen, 3. Die Bäume einpflanzen, 4. Die Bäume wässern. Das Löcher bohren wurde von einem großen Bagger mit Bohrkopf übernommen. Gemeinsam mit Matteo, dem Mann von Axel, werden wir für das Bewässern der Bäume eingeteilt. Während alle anderen mit ihren Arbeiten beginnen, müssen wir erstmal den Traktor überbrücken, mit dem der Wasserkanister über die Felder gezogen werden soll. Doch auch nach mehrfachen Versuchen gelingt dies nicht. Also baut Matteo erstmal die Batterie komplett aus und hängt sie zum Laden an den Generator. Wir können also gemütlich Kaffee trinken und nutzen die restliche Zeit, um Müll vom Feld zu sammeln. Denn leider hat der Vorbesitzer die Felder wohl eher als Mülldeponie benutzt. Es ist unfassbar wie viel Müll wir einsammeln und das in nur wenigen Minuten. Es handelt sich um die klassische Plastikfolie, die wir auch in Deutschland überall auf den Feldern finden. Aber auch Kabel, Autoreifen, Schuhe, Drähte, Eisenstangen und sogar einen ganzen Sack voller Klamotten finden wir. Und das obwohl am vorherigen Wochenende schon eine ganze Reihe von Freiwilligen nichts anderes gemacht hat als den Müll einzusammeln.
Mittlerweile ist Mittagspause und es gibt reichlich zu essen. Nach dem Mittagessen entscheiden wir uns beim Pflanzen mitzuhelfen, denn der Traktor läuft immer noch nicht. Schnell bekommen wir noch eine kleine Einweisung worauf beim Einpflanzen alles zu achten ist und schon kann es losgehen. Gegen 17:30 Uhr ist der Tag auf der Farm erstmal vorbei. Wir sind alle ziemlich erschöpft und freuen uns auf eine heiße Dusche. Anschließend essen wir noch alle gemeinsam zu Abend und lassen den Abend mit Bier und Wein ausklingen. Bevor wir zu Bett gehen, wird noch schnell beschlossen, dass wir am nächsten Morgen bereits um 08:30 anfangen wollen. Gesagt getan. Dieses Mal stehen wir pünktlich um 08:30 auf dem Feld und fangen an zu pflanzen. Wir machen den ganzen Tag nichts anderes, aber wir haben Spaß dabei und lernen außerdem auch ein paar coole Leute kennen. Mit einigen werden direkt Kontakte ausgetauscht. So haben wir nun auch Übernachtungsmöglichkeiten in einigen anderen französischen Städten. Auch wenn wir viel Spaß beim Pflanzen haben, sind wir froh, als es 18:00 Uhr ist und wir fertig für heute sind. Auch heute wird nach dem Duschen gemeinsam gegessen, bevor wir alle einfach nur noch ins Bett fallen.
Den nächsten Tag nutzen Kim und ich, um uns zu überlegen, wie es weiter gehen soll. Wir sprechen mit Margot und Yassin und beschließen am nächsten Tag, nach genau einer Woche aufzubrechen. In der Zwischenzeit hat sich das Wetter ein wenig gewandelt. Es ist zwar nach wie vor strahlender Sonnenschein, aber es stürmt draußen ganz schön. Daher verbringen wir den Tag überwiegend drinnen und arbeiten weiter an dem Blog. Um bei diesem Wind nicht mit den Rädern zum Supermarkt zu müssen, bietet Margot uns ihr Auto an, mit dem wir kurzerhand noch einkaufen fahren, um abends eine leckere Lasagne zu kochen. Währenddessen sehen wir im Wetterbericht, dass der morgige Tag genauso windig werden soll. Wir haben wenig Lust bei dem Wind draußen zu stehen und fragen daher, ob es ok wäre, vielleicht doch erst am Mittwoch abzureisen. Natürlich ist das kein Problem. So verbringen wir einen weiteren Tag bei den beiden, an dem wir kurzerhand nochmal ein wenig Wäsche waschen, bevor wir am Mittwoch, dann wirklich abreisen. Wir verabschieden uns von allen und brechen zu Fuß zu dem Rastplatz an der Autobahn auf, der tatsächlich nach nur 20 min Fußweg erreicht ist. Leider ist es auch heute recht windig, aber doch etwas entspannter als die letzten beiden Tage. Wir sind wild entschlossen heute endlich Spanien zu erreichen. Leider ist auf dem Parkplatz nicht allzu viel Verkehr und so vergehen knapp 2 Stunden, bis wir einen netten jungen Mann finden, der zwar kaum Englisch spricht, aber uns zu verstehen gibt, dass er nach Perpignan fährt. Was uns ein ordentliches Stück voran bringen würde. Wir steigen also ein und die Reise geht für uns weiter Richtung Spanien.