Nachdem wir Göteburg verlassen haben, stehen wir die Nacht an einem See nördlich der Stadt. Wir sind mit dem Bus bis zur Endhaltestelle in Kungälv gefahren und von dort den Rest gewandert. Der volle Mond hängt riesig am Horizont über dem See und gibt den Anschein, die Sonne wäre bereits wieder aufgegangen. Mystisch!

Der Weg zur nächsten Tankstelle nahe der Autobahn ist nicht weit. Wir machen noch einen schnellen Einkauf und positionieren uns mit „Norway“-Schild an der Straße, in der Hoffnung die 200km am Stück zu fahren. Hitchhiking nach Norwegen! Eine junge Studentin hält und bietet an uns mitzunehmen. Sie fährt allerdings nur zu ihrem 20km nördlich gelegenem Zuhause. Die Einladung klingt nett und wir steigen ein. Also noch einen weiteren Tag in Schweden. Tatsächlich landen wir an einem wunscherschönen, idylisschen Ort. Ihr Grundstück liegt mitten im Wald an einem See. Wir dürfen unser Zelt direkt am Wasser aufstellen. Eine Kulisse wie für eine Postkarte!

Am nächsten Morgen packen wir unsere Sachen. Die Straße, auf der wir uns befinden, dürfte täglich von einem guten Dutzend Autos genutzt werden. Wir wandern also los und halten den Daumen raus, sobald wir Motorengeräusche hören. Tatsächlich hält nach einem guten Kilometer eines der wenigen Autos an und fährt uns überaus hilfsbereit bis zur nächsten Autobahnauffahrt. Es heißt wieder Lächeln-und-Winken, den wir wollen weiter nach Norwegen!

Wir stehen an einer Tankstelle und beschließen uns strategisch aufzuteilen: Einer spricht die Leute beim Tanken an, der andere steht in Sichtweite an der Straße mit Schild. An einer der Ladesäulen für Elektroautos fährt ein kleiner ID.3 mit norwegischem Kennzeichen vor. Perfekt! Ich frage das Pärchen nach einer Mitfahrgelegenheit und nach kurzer Absprache willigen die beiden ein. Sie kommen aus Litauen und berichten, dass sie den Nationalfeiertag in Norwegen genutzt haben, um einen Kurztrip nach Schweden zu machen. Sie selbst feiern den Verfassungstag am 17. Mai nicht. Gut für uns, denn die beiden haben keine Eile und wir machen eine Reihe von Stops entlang der Küste auf dem Weg nach Norwegen. Beim Passieren der Grenze nach Norwegen am Svinesund protzt das Land bereits mit einem spekatulären Ausblick über den Fjord und mach Vorfreude auf mehr!

Remi und seine Partnerin sind überaus witzig und wir haben eine tolle Fahrt bis nach Rygge, etwa 50 km hinter der Grenze. Die beiden laden uns spontan ein ihre Gäste zu sein. Es werden ein paar frisch importierte Biere aus Schweden geöffnet und eine Käseplatte kredenzt. Luxusleben! Wir können im Wohnzimmer schlafen – Aylin auf der Couch, ich packe mich mit meiner Isomatte daneben.

Für den nächsten Tag planen wir eine Wanderung am nahen Kurefjorden Naturreservat. Die ersten drei Stunden macht der Trip Spaß, bis es anfängt heftig zu regnen. Wir trampen zurück nach Ryggebyen und kaufen ein paar Dinge fürs Abendessen ein. Wir mögen es andere zu bekochen, als kleines Dankeschön für ihre Gastfreundschaft. Die beiden genießen sichtbar Besuch zu haben und so genießen auch wir bei den beiden zu Gast zu sein. Remi hat den kommenden Tag einen Geschäftstermin in Oslo und unterbreitet den Vorschlag, uns in die Stadt mitzunehmen und Abends am Ort unserer Wahl wieder abzusetzen. Da wir bisher keinen Unterkunft in der norwegischen Hauptstadt gefunden haben, ist es eine ideale Möglichkeit mit leichtem Gepäck Oslo zu erkunden.

Die mit Abstand größte Stadt des Landes (~700.000 Einwohner) ist das wirtschaftliche und politische Zentrum des Königreichs. Alleine in die Stadt durch einen der vielen Tunnel hereinzufahren ist schon aufregend. Remi setzt uns im Stadtzentrum ab und wir beginnen unsere Runde vom Hafen zum Königlichen Schloss, vorbei am Rathaus und der Festung Akershus. Während wir das Militärgeschichtliche Museum passieren, startet ein Musikkorps des Militärs seinen Marsch Richtung Innenstadt. Wir folgen im Gleichschritt der Truppe und genießen ungeachtet der Verkehrsregeln auf der geräumten Straße zu laufen.

Bei der Domkirche gehen wir getrennte Wege und biegen ab Richtung Botanischem Garten. Nach einer späten Mittagspause erreicht uns der Anruf von Remi und wir verabreden uns nahe des Opernhauses, um wieder eingesammelt zu werden. Wir machen noch gemeinsam ein Foto und  bedanken uns erneut herzlich für die Gastfreundschaft der beiden. Zu unserer Überraschung möchten die beiden uns etwas brauchbares schenken und überreichen uns ein nagelneues Schweizertaschenmesser, ein Set von Stiften, aus recyceltem Aluminium und eine Flasche Schnaps aus Litauen. Wir sind mal wieder sprachlos!

Unser nächstes Ziel lautet Hvitsten, ein Örtchen am Fjord zwischen Oslo und Rygge. Eine Freundin von Aylin hat uns über Vitamin B einen Schlafplatz organisiert. Wir werden nett empfangen und bauen unser Zelt im Garten mit Blick aufs Wasser auf. Morgen soll es bei Drøbak durch den Tunnel weiter auf die andere Seite des Oslofjords gehen.

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